RELATIVITäTSTHEORIE, SPEZIELLE
(Kategorie: Physik)
Die spezielle Relativitätstheorie ist der erste Teil der berühmten Relativitätstheorie von Albert Einstein - die allgemeine Relativitätstheorie ist der mathematisch sehr viel weitergehende zweite Teil.
Worum geht es? Kurz zusammengefasst ist der Ausgangspunkt die Frage nach der Geschwindigkeit von Licht. Man nahm nämlich gegen Ende des 19. Jahrhunderts an, dass Licht (da es eine Welle ist) ein Medium zum Ausbreiten braucht (wie eine Wasserwelle das Wasser oder Schall die Luft benötigt); dieses hypothetische Material nannte man Äther.
Gleichzeitig hatte James Clark Maxwell seine Gleichungen zum Elektromagnetismus gefunden - und diese sagten eine Lichtgeschwindigkeit von etwa 300 000 km/s voraus. Das Problem war: In Bezug worauf? Oder anders gesagt: Wenn das Licht diese Geschwindigkeit hat - wer hat dann die Geschwindigkeit Null? Die Vermutung und damals auch die Hoffnung der Physiker war, dass sich das Licht mit der Geschwindigkeit c (also 300 000 km/s) relativ zum Äther bewegen würde.
Das Problem war, dass ausgeklügelte Experimente keinen Hinweis auf den Äther finden konnten! Und das brachte Einstein auf die Idee, sich zu fragen, was wäre, wenn es den Äther nicht gäbe - und das Licht sich in Bezug auf JEDEN Beobachter mit 300 000 km/s bewegen würde, egal wie schnell sich dieser selbst bewegt. Also: Er nahm an, dass, sollten wir uns in ein Raumschiff setzen und mit 250 000 km/s einem Lichtstrahl hinterherreisen - dass der Lichtstrahl von uns aus gesehen trotzdem mit 300 000 km/s entweichen würde! Und nicht etwa nur mit 50 000 km/s, wie unser Menschenverstand uns vermuten lassen würde...
Dieses Prinzip - die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit - ist das Fundament der speziellen Relativitätstheorie. Und die Schlussfolgerungen sind gewaltig! Unter anderem lässt sich aus dieser Annahme ableiten:
- Wenn sich verschiedene Beobachter relativ zueinander bewegen, dann gehen für diese beiden die Uhren anders; die Zeit scheint keine Konstante zu sein, sondern vom Beobachter abzuhängen! Bewegt man sich mit hoher Geschwindigkeit, dann verlangsamt sich für einen selbst die Uhr. Würde man sich mit 90% der Lichtgeschwindigkeit von der Erde entfernen, nach einem Jahr umdrehen und mit derselben Geschwindigkeit zurückkommen, dann wären hier auf der Erde statt der zwei Jahre, die der Reisende erlebt hat, Jahrtausende vergangen sein...
- Der Begriff der "Gleichzeitigkeit" verliert seinen Sinn. Es gibt Ereignisse, von denen der eine Beobachter überzeugt ist, sie seien gleichzeitig geschehen; ein anderer Beobachter, der sich relativ zum ersten bewegt, würde dies vehement abstreiten - aus seiner Sicht hat eines der Ereignisse vor dem anderen begonnen...
- Die Beschreibung des Raumes verschmilzt mit der Beschreibung der Zeit - es sind keine voneinander trennbaren Entitäten mehr. Tatsächlich spricht man auch von der Raumzeit - dies ist sozusagen ein Koordinatensystem mit vier Achsen (3 Raumdimensionen + Zeit), und in diesem Koordinatensystem sind alle Ereignisse des Universums eingetragen. Das "Jetzt" eines Beobachters ist die Scheibe durch die Raumzeit, die er zu einem bestimmten Zeitpunkt sieht; also das, was er für "gleichzeitig" hält. Und der Witz ist: Wenn er selbst sich bewegt, dann verschiebt sich einfach der Winkel dieser Scheibe! Und schon befinden sich auf seiner "Jetzt-Scheibe" andere Ereignisse als auf der Scheibe eines anderen Beobachters - und die beiden können sich über Gleichzeitigkeit streiten. Das Problem: Beide haben Recht!
- Man könnte auch sagen: Jeder ruhende Beobachter bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit durch die Raumzeit, wobei seine Raumkoordinaten sich überhaupt nicht ändern, aber seine Zeitkoordinate. Beginnt er sich nun durch den Raum zu bewegen, so zwackt er diese Bewegung quasi seiner Bewegung durch die Zeit ab! (Als würde man mit 100 km/h nach Norden fahren, und dann macht die Straße eine Kurve von einigen Grad nach links. Nun fährt man zwar immer noch 100 km/h, aber davon geht nun ein kleiner Teil (vielleicht 10 km/h) nach Westen - und auf keinen Fall mehr legt man die Gesamtgeschwindigkeit nach Norden zurück...) Und dies bedeutet: Die Geschwindigkeit "in Richtung der Zeitachse" nimmt ab - die Zeit vergeht langsamer!
- Eine weitere Konsequenz ist: Ein Körper mit Masse kann sich nicht mit Lichtgeschwindigkeit oder noch schneller bewegen. Die maximale Geschwindigkeit, die irgendein Körper, eine Welle oder eine Information im Universum erreichen kann, ist die Lichtgeschwindigkeit. Überschreiten ist physikalisch verboten, und selbst das Erreichen ist nur masselosen Teilchen gestattet.
- Außerdem sagt die Theorie voraus, dass es einen Zusammenhang zwischen Masse und Energie gibt, der zumindest sehr populär geworden ist: Die Energie ist proportional zur Masse, der Proportionalitätsfaktor ist das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit. Oder kürzer: E=mc². Das bedeutet, dass es unterUmständen möglich sein sollte, Masse direkt in Energie (oder andersherum) verwandeln zu können, und zwar äußerst effektiv! Und das stimmt: Kernspaltung oder ~fusion funktioniert nach diesem Schema, Schwarze Löcher erzeugen auf diese Weise spektakuläre Phänomene, und die Sonne verliert jede Sekunde viele Tonnen Masse und wandelt sie direkt in Energie um...
Soweit ein paar Konsequenzen der speziellen Relativitätstheorie. Der Haken ist nur, dass wir hier, wenn wir von Beobachtern und deren Bewegungen reden, immer nur gleichförmige Bewegungen meinen, also solche, bei denen sie selbst ihre Bewegung nicht spüren (z.B. ihre Beschleunigung). Aber hübscherweise genügt ein wenig Schulmathematik, um all diese Effekte ausrechnen zu können... Die Theorie, die auch beschleunigte Bewegung behandelt, ist die sehr viel umfassendere allgemeine Relativitätstheorie.