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DOPPELSPALTEXPERIMENT
(Kategorie: Physik)

Das D. ist ein Experiment aus dem Bereich der Quantenmechanik, das tiefe Einblicke in die Natur von Materie bietet. Allerdings sind die Ergebnisse nicht immer so, wie man sie erwartet. Was hier nun niedergeschrieben wurde, ist alles experimentell bestätigt. Zunächst bauen wir zwei kleine Experimente (im Geiste) auf.

Stellen wir uns vor, wir hätten ein dickes Stahlblech, in das in relativ nahem Abstand zwei parallele senkrechte Spalten eingelassen sind. Das Blech als solches ist unkaputtbar.

Nun stellen wir vor das Blech in einigem Abstand ein Maschinengewehr auf. (Keine Angst, es bleibt nicht fortwährend brutal; nur zur Illustration benötigen wir es.) Hinter dem Blech bringen wir, ebenfalls in einigem Abstand, einen Auffangschirm an, in dem Maschinengewehrkugeln steckenbleiben. - Und nun feuern wir wild in alle Richtungen, Hauptsache grob in Richtung Blech.

Frage: Welches Muster bildet sich aus den Kugeln auf dem Schirm hinter dem Blech?

Antwort: Logisch, das, was man eben erwarten würde. Die Kugeln, die das Blech treffen, kommen gar nicht hinten an; die aber, die durch einen der Spalten gehen, die fliegen geradeaus weiter und treffen dann den Schirm. Also so eine Art Schatten der beiden Spalten. Klar! Nennen wir das das "Kugelmuster".

Nun gut. Das merken wir uns und verändern nun den Versuchsaufbau: Wir stellen das Blech mit den Spalten ins Wasser. Und zwar so, dass das Gewässer erstens vollkommen ruhig ist und zweitens der Wasserspiegel genau in der Mitte der beiden Spalten ist. Dort, wo vorher der Auffangschirm war, bringen wir vielleicht eine Leinwand und eine Kamera davor an; und statt des Gewehres brauchen wir nun nur eines: Einen Stein. - Den lassen wir ins Wasser fallen.

Frage: Welches Muster bildet sich aus den Wellen auf der Leinwand hinter dem Blech?

Beim Steinwurf bildet sich eine Kreiswelle, die breitet sich aus und erreicht die beiden Spalten. Hinter jedem Spalt entsteht eine neue Kreiswelle und läuft Richtung Leinwand; aber die beiden Wellen hinter den beiden Spalten laufen ineinander und beeinflussen sich! Mal trifft Wellental auf Wellental, dann wird es ein besonders tiefes Tal; man trifft Berg auf Tal, dann löschen sich die Wellen aus; und so weiter. Was also entsteht, hat nichts mit dem Muster von vorhin zu tun, sondern es bildet sich ein sogenanntes Interferenzmuster aus abwechselnden Bergen und Tälern. Ein Wellenmuster!

Nun gut. Wir sehen also: Je nachdem, ob wir eine Welle oder Partikel durch die Spalte schießen, entsteht dahinter ein Wellen- oder ein Partikelmuster. Und nun haben schlaue Experimentatoren angefangen, exakt den gleichen Versuchsaufbau mit z.B. Elektronen zu machen. D.h. als Auffangschirm hat man eine Fotoplatte, die beim Auftreffen eines Elektrons an der Stelle belichtet wird, und statt Gewehr eine Elektronenkanone. (Was schlimmer klingt, als es ist: Sowas war früher in Ihrem Fernseher drin!)

Welches Muster würde man erwarten, wenn Elektronen durch die Spalte geschossen werden? Sicherlich ein Partikelmuster, es sind ja Teilchen.

Und was kommt: Ein Wellenmuster!

Das ist zumindest verwirrend, denn bis dato war man ja davon ausgegangen, dass die Elektronen Teilchen sind. Wenn dort hinten ein Wellenmuster entsteht, dann bedeutet das ja, dass sich irgendetwas überlagert haben muss! Die Elektronen-Wellen? Hm, dachte sich der Autor, vielleicht kann ich diese Überlagerung wegbekommen, wenn ich die Kanone so einstelle, dass sie immer nur ein Elektron pro Sekunde abfeuert! Das ist technisch möglich, so ist immer nur ein Elektron unterwegs, und nichts kann sich überlagern. Das Experiment ließ man einige Stunden oder Tage laufen, damit trotzdem genügend Elektronen je einzeln zur Fotoplatte gelangen konnten.

Und, was erwartet man nun für ein Muster? Natürlich ein Partikelmuster - es war ja immer nur ein Elektron zur gleichen Zeit unterwegs, und nichts konnte sich überlagern.

Und was sieht man: Ein Wellenmuster!

Langsam wird das ganze unverständlich. Das würde ja bedeuten, dass sich doch irgendetwas überlagert hat, aber was soll das sein - kann sich denn ein Elektron mit sich selbst überlagern? Hanebüchene Gedanken, aber was soll's, alles andere erklärt auch nicht mehr. Also nehmen wir mal an, ein Elektron geht gleichzeitig durch beide Spalte! Wie auch immer das gehen soll; wenn es das tut UND dazu eine Welle ist UND sich hinter den Spalten mit sich selbst überlagert, DANN wäre das Wellenmuster irgendwie verständlich.

Also neuer Aufbau - d.h. wie vorher, nur eines messen wir noch zusätzlich. Wir bringen an jedem Spalt eine Vorrichtung an, die uns sagt, ob das Elektron durchgeflogen ist - so können wir sehen, welchen Weg es nimmt. Links, rechts, beide??? Alles andere bleibt wie eben.

Und wie lautet das Messergebnis? Nein, die einzelnen Elektronen gehen NICHT durch beide Spalte gleichzeitig. Jedes Elektron nimmt genau einen definierten Weg: rechts oder links.

Allerdings hat sich etwas anderes verändert. Aus dem Wellenmuster ist jetzt ein Partikelmuster geworden!

Das ist nun die Stelle, wo man normalerweise aufgibt, es noch verstehen zu wollen. Wie kann denn die Tatsache, dass ich noch eine Messung mehr mache, das Ergebnis verändern? Und es handelt sich nicht um einen Meßfehler!

Man hat, um der Sache endgültig auf den Grund zu gehen, sogar folgendes Experiment gemacht: Man ließ das letzte Experiment lange laufen. Ein Computer entschied bei jedem einzelnen Elektron zufällig, ob es den "Weg-Messer" an den Spalten einschaltete (per Zufallsgenerator). Nach jedem Elektron wurde außerdem genau festgehalten, wo auf dem Schirm es aufgeschlagen war.

Und, welches Muster entstand? Ein Wellenmuster. Aber: Danach nahm man die Daten des Computers und sortierte nur die Elektronen aus dem Gesamtbild heraus, die bei eingeschaltetem Weg-Messer abgefeuert worden waren. Und diese Teilmenge ergab genau ein Partikelmuster, das in dem Wellenmuster mitenthalten war, ohne die Information, welche Elektronen es genau waren, aber nicht hätte "rekonstruiert" werden können.

Es scheint also tatsächlich so, als verhielten sich quantenmechanische Systeme anders, wenn man sie beobachtet. Unerwartet, aber andererseits auch menschlich...

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